Franz von Assisi Hundenothilfe e.V.
www.hunde-ohne-lobby.de

Perreras

Perreras sind nicht mit Deutschen Tierheimen zu vergleichen, denn dort werden die Hunde nur eine kurze Zeit (i.d.R. 10 - 20 Tage oder längstenfalls bis die Perrera voll ist) aufbewahrt, bevor sie dann euthanasiert werden.  Perreras werden entweder privat oder von den Städten betrieben und sind ein Spiegel dessen welchen Stellenwert der Tierschutz in Spanien zur Zeit noch hat.

Nur durch die unermüdliche Arbeit spanischer Tierschützer und auch durch unsere Unterstützung dieser Vorarbeiter kann langfristig ein Umdenken in der Bevölkerung herbeigeführt werden.  Unsere spanischen Tierschutzfreunde schätzen die Zusammenarbeit mit uns sehr und gemeinsam wollen wir nachhaltige Veränderungen im Tierschutz herbeiführen.  Ein oftmals wahrlich steiniger und langer Weg, doch der stete Tropfen höhlt den Stein und nach diesem Motto arbeiten wir und holen uns täglich die Kraft um weiter zu kämpfen.

Unsere Eindrücke einer Perrera wollen wir Ihnen gerne im nachfolgenden Bericht näher bringen. 

 


Besuch einer Andalusischen Perrera – April 2019 

Schon seit Jahren retten wir regelmäßig Hunde aus einer Perrera im südspanischen Bezirk Jaen, ohne aber jemals die Möglichkeit gehabt zu haben, diese Hunde vorher in der Perrera zu sehen und einzuschätzen.  Wir bekommen nur Bilder mit ungefährem Alter und Gewicht und sonst keine Angaben zu den Hunden.  Sofern wir denken, dass die Hunde vermittelbar sind, reservieren wir sie im Rahmen dessen, was unsere finanziellen und logistischen Möglichkeiten erlauben – denn die Kosten für die Unterbringung und Versorgung der geretteten Hunde sind erheblich.

Bei unserem Besuch im April 2019 in unserem Partnertierheim in Ubeda und bei der Hundepension in Linares, die für uns als Auffangstation für gerettete Hunde aus Tötungsstationen fungiert, erhielten wir die Nachricht, dass wir bitte unsere Ausweise nicht vergessen sollen, denn wir sollten heute die Möglichkeit bekommen eine Perrera zu besuchen, aus der wir regelmäßig Hunde retten.  Diese Perrera ist, wie oftmals in Südspanien, der städtischen Müllversorgung angeschlossen. Was wie ein makaberer Scherz klingt, ist leider bitterernste Realität. Um die vielen ausgesetzten Hunde von den Straßen zu holen, wird hier die Müllbeseitigung beauftragt, als städtischer Hundefänger die Hunde einzusammeln und zu verwahren.  Wenn die Hunde dann nicht innerhalb einer kurzen Frist abgeholt oder adoptiert werden, tötet man sie, um wieder Platz für neue Hunde zu schaffen.

Wir waren von diesem Angebot sehr überrascht, denn all die Jahre zuvor wurde uns niemals Zutritt zu der Perrera gewährt.  Mit gemischten Gefühlen machten wir uns auf den Weg und wir hatten untereinander Gespräche, ob und wie wir mit diesen Eindrücken umgehen können.  Nach anfänglichem Zögern hatten sich aber alle entschlossen, mit in die Perrera zu gehen und sich auf das zu konzentrieren, was wir positiv beeinflussen können, wohlwissend, dass wir viele Hunde ihrem Schicksal und damit vermutlich dem Tod überlassen werden müssen.

Um Eintritt zu dieser Einrichtung zu bekommen, mussten wir zuerst unsere Ausweise beim Pförtner hinterlegen.  Wir fuhren dann durch die gesamte städtische Müllentsorgung mit all den Müllsortierstationen und den dazu gehörigen Gerüchen.  Nachdem wir all dies durchquert hatten, ging es etwas abseits den Berg hinauf zu einer durch eine große Mauer abgetrennte Anlage.  Hier befanden sich die Hundezwinger der von den Hundefängern eingefangenen Hunde.

Wir wurden freundlich vom Chef der städtischen Müllversorgung begrüßt. Wie uns von der lokalen Tierschützerin, die uns begleitete, versichert wurde, ist diese Perrera relativ „gut“ geführt, da die Hunde hier zumindest sauber gehalten und auch gefüttert werden.

Der erste Eindruck, den wir von der Perrera hatten, bestätigte die Einschätzung der lokalen Tierschützerin, es war alles sauber und ordentlich.  Es lag auch Hundefutter in den Zwingern, doch diese waren leider proppenvoll.  Es scheinen ganze Hundefamilien ausgesetzt worden zu sein und der Leiter der Perrera bestätigte durch seine Aufzeichnungen, dass sie alle am gleichen Tag und am gleichen Ort eingefangen wurden.

Wir waren schockiert wie viele Hunde in den Zwingern waren und wie viele dieser Hunde nirgends vorgestellt wurden, wodurch sie auch von niemandem gesehen werden können, der sie aus dieser Situation retten könnte.  Uns war sofort klar, dass hier viel mehr Hunde waren, als wir retten konnten, selbst wenn wir weit über die von uns gesetzten Grenzen gegangen wären. Es war ein ernüchternder Gang an den Zwingern entlang und wir mussten uns erstmal sammeln um zu sehen, wie wir hier am besten vorgehen können, um so viele Hunde wie möglich zu retten.

Da die Hundefänger immer mit Fangschlingen arbeiten und dabei nicht zimperlich im Umgang mit den Hunden sind, haben einige Hunde eine absolute Panik davor, ein Halsband umgelegt zu bekommen oder haben eine große Angst vor Männern.  Uns ist es immer wieder ein Rätsel, wie trotzdem relativ viele Hunde ohne große seelische Schäden selbst diese widerlichen Umstände überstehen und weiterhin voller Vertrauen auf die Menschen zugehen.  Maria, die spanische Tierschützerin, die auch die Hundepension führt, die wir als Auffangstation für unsere Hunde nutzen, erzählt uns immer wieder, wie verschreckt die Hunde aus der Perrera ankommen und erst nach Tagen oder Wochen wieder komplett entspannen können.  Sie werden zu komplett anderen Hunden, wenn sich ihr Umfeld wieder ändert, doch für manche sitzt die durchgemachte Angst einfach zu tief und sie brauchen manchmal Wochen und Monate (oder länger) um wieder Vertrauen zu fassen.

Durch die enorm hohen Kosten für die Unterbringung und Verpflegung sowie die medizinische Versorgung der geretteten Hunde, müssen wir bei der Auswahl der Hunde darauf achten, dass diese relativ gut vermittelbar sind. Für jeden Monat, den ein Hund länger in unserer Auffangstation sitzt, fallen Kosten in dreistelliger Höhe für dessen Unterbringung und Versorgung an. So kann dies, trotz Einsatz unserer „Tickets aus der Hölle“, unseren finanziellen Rahmen sprengen. Wir bezahlen kein Geld an die Perrera, sondern alle Kosten fallen für die Verpflegung, Unterbringung und medizinische Versorgung der Hunde an

Wir erhalten für die Vermittlung eines kastrierten Hundes, den wir aus der Tötungsstation gerettet haben, eine Aufwandsentschädigung der Adoptanten von 380 Euro. Hinzu kommen 130 Euro aus der Spende eines „Tickets aus der Hölle“. Die tatsächlichen Kosten pro Hund belaufen sich im günstigsten Fall (das bedeutet der Hund wird innerhalb von acht Wochen nach seiner Ankunft in unserer Auffangstation adoptiert und benötigt lediglich die übliche medizinische Grundversorgung) zwischen 500 und 550€.  Dann darf der Hund aber nicht krank werden bzw. es dürfen außer der Kastration keinerlei OPs, Zahnreinigungen etc. anfallen.  Die Realität sieht aber leider so aus, dass viele Hunde bis zu 4 oder 5 Monate in unserer Auffangstation verbringen, dass die älteren Hunde Zahnreinigungen brauchen, dass ein Hund z.B. eine Infektion bekommt oder bei seiner Rettung bereits mitbringt und auch mal ein oder zwei Tage in der Klinik verbringen muss.  So verdoppeln und verdreifachen sich die Kosten im Handumdrehen. 

Dies sind nun die Realitäten, mit denen wir konfrontiert werden, während wir vor über 80 Hunden in der Perrera stehen. Manche Hunde sind in einem absolut desolaten Zustand und trotzdem wollen wir am Liebsten alle mitnehmen. Würden wir nur auf unser Herz hören, wäre unser Verein innerhalb von ein paar Monaten komplett bankrott. Doch tatenlos vor diesen bettelnden und bittenden Hundeaugen dastehen konnten und wollten wir natürlich auch nicht und so verdoppelten wir die Anzahl der Hunde, die wir ursprünglich retten wollten, von der anfänglich gesetzten Grenze von 10 – 12 Hunden auf 24 Hunde, die wir aus dieser schrecklichen Not befreiten. Wir hofften und beteten, dass alles gut gehen wird, dass sie gesund bleiben und wir bald geeignete Adoptanten finden oder zumindest fürs Erste freie Pflegestellen haben werden.

Die Belastung der vielen Eindrücke und die Gewissheit, dass sich die Perrera täglich wieder füllen wird und so viele der gerade gesehenen Hunde bald nicht mehr leben werden, belastete uns sehr.  Wir versuchten uns deshalb auf die gerade geretteten Hunde zu konzentrieren und verließen die Perrera mit der Abmachung, dass die Hunde am Nachmittag zu unserer Auffangstation gebracht werden.

Ein paar Stunden später kamen die Hundefänger mit unseren 24 Hunden und Maria nahm die Hunde zusammen mit einer Tierärztin entgegen. Sie entwurmten die Hunde, befreiten sie von äusseren Parasiten, nahmen Blut ab für die Erstellung des Blutbildes sowie für den Test auf Mittelmeerkrankheiten und untersuchten alle Fellnasen gründlich. Zwei Hunde kamen zunächst für weitere Untersuchungen in die Klinik.  Die restlichen 22 Hunde waren alle in einem stabilen und den Umständen entsprechenden guten Zustand und so hofften wir, dass es so bleiben wird, damit sie bald alle ihre notwendigen Impfungen bekommen können.

Wir hoffen nun, dass wir die Anzahl der Hunde in dieser einen Perrera zumindest aktuell soweit reduziert haben, dass sich die städtische Abfallbeseitigung wieder in der Lage sieht, die restlichen Hunde mit Fotos an Tierschützer zu verteilen, damit sie auch noch eine Chance auf Rettung bekommen, bevor sie getötet werden.  Es ist ein Kampf gegen Windmühlen und viele Menschen werden sagen, das ändert doch alles nichts, die Situation bleibt doch vor Ort genauso schlimm.  Doch für uns zählen auch die kleinen Schritte, denn noch vor ein paar Jahren wären alle Hunde einfach getötet worden. Keiner hätte überhaupt daran gedacht, Tierschützern die Chance zu geben diese Hunde zu retten und somit auch den Menschen vor Ort zu zeigen, dass nicht jeder diese Hunde als Abfallprodukt ansieht. Heute bekommen wir die Möglichkeit durch unser Handeln zu zeigen, dass wir diese Hunde als Bereicherung und Schatz für ihre zukünftigen Adoptanten sehen, die diese mit all ihren Macken und Eigenheiten lieben und schätzen werden.

Wir helfen nun schon seit über 14 Jahren und obwohl die Zahl der südspanischen Hunde in Not nicht geringer geworden ist, können wir doch ein zunehmendes Interesse und Engagement der Leute vor Ort im örtlichen Tierschutz wahrnehmen.  Es dauert oft eine ganze Generation, bevor sich die althergebrachten Denkweisen ändern und deshalb werden wir auch weiterhin alle Herausforderungen annehmen, um so zumindest einem kleinen Teil dieser wunderbaren Hunde eine Zukunft zu schenken. 

Unser herzlicher Dank gilt allen Adoptanten, die einem dieser ehemaligen Todeskandidaten ein neues Zuhause geben und allen Spendern eines „Tickets aus der Hölle“, die uns bei unseren Rettungsaktionen durch ihre Spende unterstützen.